Montag, 26. Mai 2014

"Zuhause bin ich da, wo ich ankomm' wenn ich geh'" - Fazit (von Wolfgang)

Die erste große Etappe auf dem Weg nach Santiago liegt hinter uns. Lange haben wir uns darauf vorbereitet, mit Begeisterung den Weg beschritten - jetzt liegt die nächste Etappe, Ulm-Konstanz, vor uns.
Haben sich meine Erwartungen erfüllt? Nein, denn die Pilgerreise ist anders verlaufen, als ich sie mir vorgestellt habe. Allerdings im positiven Sinne. Es ist ja nicht nur eine Wanderung von A nach B, die man an einem Tag abspult. Jeder Tag ist eine neue Herausforderung. Wie wird das Wetter? Wo werden wir übernachten? Welches Körperteil macht heute auf sich aufmerksam?
Man lernt Menschen kennen, an denen man im Alltag vielleicht achtlos vorübergehen würde. Wildfremde Leute grüßen im Vorbeigehen mit einem anerkennenden Nicken oder rufen ein "Buon Camino" zu. Man kommt ins Gespräch mit Menschen der unterschiedlichsten Alterskategorien, die auch schon nach Santiago gepilgert sind. Teilweise nur den spanischen Jakobsweg, teilweise von Le Puy in Frankreich aus. Und auch zum Teil so wie wir, in Etappen von Zuhause aus. Oder Menschen, die zum richtigen Zeitpunkt einfach da sind.

Menschen wie Helmut Breitkreuz, Mitte siebzig, nach dem Krieg als Deutscher aus der Ukraine vertrieben. Durch Fleiß und Gottvertrauen hat er sich im Laufe seines Lebens die Grundlage für einen bescheidenen Wohlstand im Alter geschaffen und dankt mit Tränen in den Augen Gott für seinen Lebensweg.

Menschen wie Heinrich den Töpfer in Gründelhardt. Mit seiner positiven Lebenseinstellung motiviert er ohne großes Zutun. Er zeigt, dass es eigentlich nur wenig braucht, um ein glücklicher Mensch zu sein.

Menschen wir Frau Oker in Pommertsweiler, die uns ihre Ferienwohnung zur Verfügung stellt. Obwohl sie eigentlich längst beim Geburtstag ihrer Enkelin sein müsste, zaubert sie uns noch ein leckeres Abendessen, da die einzige Gaststätte am Ort an diesem Tage Ruhetag hat.

Menschen wie Corinna, die mit ihrem Mann die Pilgerherberge Klotzhöfe betreibt. Leider erreichten wir diese Herberge zu einem Zeitpunkt, an dem es für ein Tagesziel viel zu früh gewesen wäre. Der Rucksack ist schwer, es ist heiß. Corinna hält und zu einer Pause an und wir stärken uns mit einem kühlen Radler. In dem wunderschönen Garten genießen wir die Erfrischung und die angenehme Ruhe. Von ihr erfahren wir den Tipp mit der Übernachtung im Pilgerwohnwagen bei Anna Barthle in Bargau.

Menschen wie Anna Barthle und ihr Sohn Tobias, die selbstlos für die Pilger leben und für Übernachtung und reichhaltiges Frühstück nur eine Spende verlangen. Sie hat auch Pilger aufgenommen, die ihr nichts zahlen konnten, weil sie nichts hatten.

Menschen wir Detlev aus Waldaschaff, Heiner aus dem Spessart, Erich aus Eslarn, auch Pilger, die uns teilweise auf unserem Weg begleitet haben

 Ich lerne ein bisschen meine Grenzen kennen. Ich lerne Demut vor mir selbst, vor anderen, vor der Natur. Ich entdecke die Gelassenheit neu.

Manchmal sind die Schmerzen im rechten Knie unerträglich. Manchmal macht mir mein rechter Knöchel Sorge. Vom Rucksack schmerzen zeitweise die Schultern. Eine Blase am linken kleinen Zeh nervt. Ich nehme es trotzdem gelassen. Keine dieser Begleiterscheinungen kann meine positiven Eindrücke auch nur im geringsten schmälern.

Erst als wir vom Eselsberg aus Ulm erblicken wird mit bewusst, was wir erreicht und geleistet haben. Die Stadt mit ihrem Leben ist nach Tagen in der Abgeschiedenheit gewöhnungsbedürftig. In der Kirche St. Maria Suso machen wir noch einen Halt und geneißen die absolute Stille dort, bevor wir uns endlich von der Stadt aufnehmen lassen.

Ich möchte die neu entdeckte Gelassenheit mitnehmen und anderen soviel wie möglich davon abgeben.

Jetzt freue ich mich auf die nächste Etappe von Ulm nach Konstanz.

1 Kommentar:

  1. Ich habe jeden Tag mit Spannung die Bilder und Berichte erwartet. Es war einfach nur super - Glückwunsch meine Herren für die vollbrachte Leistung und noch eine tolle Urlaubswoche Herr Mally wünscht Ihnen Ihre Gegenüber!

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